Gemeinsam mit seinem Bruder Rudolf (1885-1979) übernahm Walther Blohm (1887-1963) nach dem Ende des Ersten Weltkriegs 1918 die Leitung der Schiffswerft Blohm & Voss. Bis dahin hatte er seine Lehrjahre, ein Ingenieurstudium in München und an der TU Berlin, deren Ehrensenator er 1960 wurde, sowie den Kriegsdienst hinter sich gebracht. Die Brüder übernahmen das väterliche Erbe in einer Zeit technischer Umwälzungen in der es galt, Entscheidungen mit hohem Risiko zu treffen, neuartige Antriebsanlagen für Passagierschiffe zu entwickeln und unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit zu bauen. Während Rudolf mehr die äußere Vertretung der Werft oblag, kümmerte sich Walther eher um die inneren Belange.
Die Auffassung der Brüder von Arbeit und Pflicht sowie ihr Unternehmergeist auf technischem und wirtschaftlichem Gebiet prägten die Werft. Walther Blohm stellte hohe Anforderungen an sich und die Werftarbeiter: Pünktlichkeit, Fleiß und Pflichtbewusstsein standen im Vordergrund. Täglich führte ihn sein Weg über die Werft. Ihn interessierten die Arbeit, die Arbeitsbedingungen und der Arbeitsfortschritt, wobei ihm sein ungewöhnlich gutes Gedächtnis und sein technischer Sachverstand sehr halfen. Nicht von ungefähr galt die Arbeit bei Blohm & Voss als „Knochenmühle“. In der guten Ausbildung der Arbeiter sahen die Brüder Blohm die Grundlage für die hochwertige Qualität ihrer Schiffe.
Bis zum 50jährigen Bestehen 1927 hatte die Werft 429 Handelsschiffe und Marinefahrzeuge gebaut, darunter allein 35 Schiffe für die HAPAG, 29 für die Hamburg-Süd, 22 für die Woermann-Linie und 20 für die Ostafrika-Linie. Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs lieferte Blohm & Voss 238 U-Boote und 17 weitere befanden sich im Bau. Ab 1942 wurden auch U-Schnellboote gebaut.
Die Krise im Schiffbau veranlasste Walther Blohm in den 1930er Jahren nach neuen Tätigkeitsfeldern zu suchen und sich intensiv mit der Zukunftsmöglichkeit des Luftverkehrs zu befassen. Charles Lindbergh hatte 1927 den ersten Transatlantikflug allein absolviert. Und bereits 1929 hatte Blohm & Voss, nach Indienststellung des Amerika-Liners „Europa“, ein Heinkel-Schwenk-Katapult auf das Schornsteindeck gebaut, von dem Postflugzeuge 1200 km vor der Küste von Bord katapultiert wurden - ein Zeitgewinn von mindestens einem Tag.
Wegen des wirtschaftlichen Risikos für die Werft gründete Walther Blohm 1933 den Hamburger Flugzeugbau zunächst als Tochtergesellschaft von Blohm & Voss. Diese erwarb sich bis 1945 eine führende Stellung im Bau von Wasserflugzeugen, so dass die fehlende Start- und Landebahn in Finkenwerder keinen Nachteil hatte.
Dabei war für Walther Blohm nicht jede technische Weiterentwicklung gleichbedeutend mit Fortschritt. Fortschritt sah er nur dann, wenn die Entwicklung auch dem Menschen diente.
Nach dem Zweiten Weltkrieg verboten die Alliierten den Schiff- und Flugzeugbau bei Blohm & Voss und sprengten 1946 die großen Hallen. Ab 1948 begann die totale Demontage. Der Maschinenpark, die Ausrüstung und Einrichtung der Werft wurden – bis zum Kochtopf der Werksküche – an 15 Nationen der Siegermächte verteilt. Gleiches geschah mit den zerstörten Hallen des Flugzeugwerks. Gegen die Inhaber und Direktoren der Werft folgte im Dezember 1949 ein Prozess wegen Nichteinhaltung der Demontagebestimmungen. Zu diesem Zeitpunkt bauten die westdeutschen Werften bereits neue Schiffe entsprechend des Potsdamer Abkommens.
Mit Beharrlichkeit und Idealismus schaffte Walther Blohm mit seinem Bruder den Neuanfang. Um die wenigen verbliebenen Mitarbeiter zu halten, gründeten sie neue Firmen (1948 Bau & Montage GmbH und 1950 die Steinwerder Industrie AG), bevor ihnen im Januar 1953 erste Schiffsreparaturen von der englischen Besatzungsmacht genehmigt wurden. Der hohen Kapitalbedarf, den der Wiederaufbau von Blohm & Voss verlangte, zwang die Brüder Blohm, ihre Unabhängigkeit aufzugeben und sich mit der Phoenix-Rheinrohr AG (Familie Thyssen) zu einer Aktiengesellschaft zusammenzuschließen. Blohm & Voss war keine Privatwerft mehr.
Der Wiederaufbau des Flugzeugbaus erfolgte in Hamburg Finkenwerder erst ab 1954. Zunächst wurden die Transportmaschinen vom Typ Nord N 2501 Noratlas in Lizenz für die Bundeswehr gebaut. Mit der Entwicklung des „Hansa Jet“ HFB 320 fand der Flugzeugbau in Finkenwerder für Walther Blohm schließlich seinen Höhepunkt.
Walther Blohm hat stets auf Qualität der Arbeit geachtet. Den Schlüssel dazu sah er bei den Facharbeitern und in der Ausbildung des Nachwuchses. Letzteren förderte Blohm & Voss im Flugzeugbau, Maschinenbau und Schiffbau nachhaltig. Walther Blohm forderte lebenslanges Lernen auch für Ingenieure und förderte dies beispielsweise durch Sonderurlaub für die Teilnahme an Tagungen der Schiffbau-technischen Gesellschaft.